Girls Just Love IT
Im Rahmen der KinderUni Hagenberg wurde bereits zum dritten Mal der Workshop „Girls Just Love IT – Zeig was in dir steckt“ durchgeführt. Sieben Dozentinnen der FH OÖ, Campus Hagenberg und des Softwareparks, zeigten im 3-tägigen Workshop, wie vielfältig IT sein kann, wie relevant das Thema IT für die Gesellschaft ist und welche Klischees immer noch in der Branche verankert sind. 12 Mädchen im Alter zwischen 11 und 13 hatten die Möglichkeit, in unterschiedlichste MINT-Bereiche (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) hineinzuschnuppern.
Tag 1
So konnten sie am ersten Tag als Zukunftsdesignerinnen tätig werden und entwickelten mit Hilfe des Design Thinking-Ansatzes einen Prototyp für eine App ihrer Wahl. Die Mädchen hatten hierbei die Aufgabe, sich zu überlegen, was die App alles können soll, welche Funktionen und technischen Anforderungen man benötigt und wie die App aussehen könnte – dabei waren der Phantasie keine Grenzen gesetzt.
Am Nachmittag stiegen die Mädchen in die Welt der Programmierung ein. Mit dem App Inventor, einer intuitiven Entwicklungsumgebung, die vom MIT (Massachusetts Institute of Technology) speziell auch für Kinder entwickelt wurde, konnten sie einfache Apps programmieren und gleich am Smartphone oder Tablet ausprobieren. Dabei wurden Tierstimmen wiedergegeben, eine Würfel-App erstellt und ein Pizza-Rechner für die nächste Party realisiert.
Tag 2
Der zweite Tag begann mit einem Blick in die Funktionsweise der Verschlüsselung von WhatsApp. Jeweils zwei Mädchen konnten ihren gemeinsamen Schlüssel zuerst mit Farben mischen und dann mit echten Zahlen berechnen. Anschließend verschlüsselten sie geheime Botschaften mit einer selbst gebastelten Chiffriertabelle. Nachdem Konfigurationseinstellungen bzgl. Vertraulichkeit und Datenschutz in WhatsApp diskutiert wurden, galt es in einer letzten Aufgabe herauszufinden, welche Informationen das Unternehmen WhatsApp trotzdem über uns sammeln kann. Mit einem Bewusstsein dafür, welche Daten ich durch die Verwendung von WhatsApp preisgebe und was davon in meiner eigenen Hand liegt, gingen die Mädchen in die Mittagspause.
Rund um das Thema Bioinformatik wurden am Nachmittag des zweiten Tages unterschiedlichste Experimente durchgeführt, um die verschiedenen Formen der Laborexperimente hinter den Daten, die einem*einer Bioinformatiker*in zur Verfügung stehen, kennen zu lernen. Hierfür haben die Mädchen unter anderem ihre eigene DNA aus ihren Mundschleimhautzellen extrahiert und in einem Halskettenanhänger für die Ewigkeit konserviert. Zudem wurde den Mädchen gezeigt, wie Blutausstriche und andere Präparate für die Mikroskopie hergestellt werden. Diese wurden in weiterer Folge unter dem Mikroskop betrachtet und mit verschiedenen Algorithmen der Bilderkennung analysiert.
Tag 3
Am dritten und somit letzten Tag des „Girls Just Love IT“-Workshop entdeckten die Mädchen die Welt der künstlichen Intelligenz (KI). Sie lernten nicht nur in der Theorie wie ein Computer „lernen“ kann, sondern durften auch ihre ersten eigenen neuronalen Netze trainieren. Dazu verwandelten sie sich selbst mithilfe einer Webcam in Trainingsobjekte für das Netz. Zum Abschluss erschufen sie gemeinsam mit KI sogar neue digitale Kunst.
Abgerundet wurde der dreitägige Workshop mit einem interaktiven Input zu Frauen in MINT. Martina Gaisch gab Einblicke in die Geschichte der Informatik und zeigte dabei auf, dass Frauen zu Beginn eine ganz zentrale Rolle beim Programmieren zukam. Danach wurde darüber diskutiert, warum heute so wenig Frauen in MINT-Berufen sind, welche Berufe und Ausbildungen es in diesem Bereichen überhaupt gibt und wie man als Powergirl in diesen spannenden Bereichen Fuß fassen und erfolgreich werden kann.
Die Idee hinter dem Workshop “Girls Just Love IT”?
Für die Dozentinnen ist klar: Initiativen wie die KinderUni können dazu beitragen Mädchen für die MINT-Branche zu begeistern. Für Martina Gaisch, die seit 12 Jahren an der Fakultät Hagenberg lehrt und sich für das Diversity Management der Hochschule verantwortlich zeichnet, muss in Sachen Genderverteilung mehr Bewegung reinkommen. Oft haben junge Frauen die gleichen Berufsbilder vor Augen – nämlich jene, die seit Jahrzehnten immer wieder weitergegeben werden. Dabei gibt es mittlerweile hunderte brandneue Jobs und spannende Tätigkeiten, von denen die meisten noch nie gehört haben. Umso wichtiger ist es, diese bunte Palette an interessanten Möglichkeiten aufzuzeigen und zu diskutieren. So benötigt man gerade in der IT-Sicherheit nicht nur das technische Wissen, das sich jede*r aneignen kann. Nein, es ist auch eine große Portion Haltung und Verantwortungsgefühl gefragt. „Da braucht es unbedingt mehr starke Frauen, um die digitale Welt tatsächlich für alle Nutzer*innen zu einem sicheren Ort zu machen“ findet auch Anna Vymazal.
Alte Denkweisen und verfestigte Rollenbilder müssen aufgebrochen werden, um der Welt zu zeigen, dass Mädchen als Technikerinnen, Informatikerinnen, Mathematikerinnen und Wissenschaftlerinnen durchstarten können. Das Bild vom Programmierer als Nerd, der rund um die Uhr vor dem Computer sitzt, ist definitiv nicht mehr gültig, denn die IT ist heute vielfältig und kreativ. Für Gabriele Traugott ist neben dem technischen Know-How Einfühlungsvermögen für die Benutzer und Benutzerinnen von Software, für die Auswirkungen auf die Gesellschaft und für die Nachhaltigkeit von technologischen Entwicklungen gefragt.
Auch Clara Schachner ist der Meinung, dass das fehlende Bewusstsein und vor allem der Mangel an ForscherINNEN und EntwicklerINNEN unter anderem dazu beiträgt, dass beispielsweise Frauenstimmen in Spracherkennungsprogrammen schlechter erkannt werden als Männerstimmen oder es kaum ein Handy am Markt gibt, das bequem in eine Frauenhand passt. Gerade die künstliche Intelligenz ist eine Zukunftstechnologie, die viele Bereiche unseres Alltags über die nächsten Jahrzehnte prägen und beeinflussen wird. Daher brauchen wir auch den weiblichen Blickwinkel auf die Welt von morgen.
Nicht nur die Technik und Informatik, auch der Bereich der Naturwissenschaften ist vielfältig und spannend, mit einer Vielzahl an interessanten Berufsmöglichkeiten – es fehlen nur noch die Mädchen und Frauen! Es ist notwendig, Mädchen und Frauen für MINT zu begeistern, damit in diesen Entwicklungen der weibliche Blickwinkel nicht zu kurz kommt. Interessen, Fähigkeiten und Talente müssen gefördert werden, und zwar unabhängig vom Geschlecht.