Zukunftsforum

Frauen @ IT – Liebe auf den zweiten Blick?

Der Festakt in Hagenberg

Unsere Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien in Hagenberg war am 3. November Austragungsort eines Frauenpower-Events der Extraklasse. Die wissenschaftliche Leiterin von Gender und Diversity der FH OÖ, Mag.a Dr.in Martina Gaisch, war Gastgeberin des Festakts, an dem LH-Stv.in Mag.a Christine Haberlander die Zertifizierungen des HTL-Mentoringprogramms vornahm. Es wurden über 100 Schülerinnen aus 8 HTLs samt Schulleitungen und engagierten Lehrkräften, 50 Mentor*innen und zahlreiche Genderbeauftragte ins Audimax eingeladen. Eine besondere Überraschung für die MINT-Mädchen war der Auftritt der Google-Chefin Österreich DI.in Christine Antlanger-Winter, selbst Hagenberger Absolventin. Die jungen Frauen überlegten sich spannende Fragen, die sie sowohl an Fr. Haberlander als auch an Fr. Antlanger-Winter richteten. Dadurch entstand eine inspirierende und authentische Diskussion, die den Schülerinnen wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird. „Einfach toll zu hören, was man als Google-Chefin so macht und auch welche Karrieren offenstehen, wenn man eine Ausbildung in diesem Bereich absolviert“, meinte eine der Schülerinnen während der Abendveranstaltung in der Rückschau.

Moderatorin Mag.a Mitzi Engelbutzeder MA MA von der HTL Braunau führte launig durch das Programm. Nach den Begrüßungen und einer Einführung in das Mentoring-Programm stellte die Projektleiterin Mag.a Regina Seeburger (ebenfalls von der HTL Braunau) die einzelnen HTLs und deren Partnerfirmen vor. Besonders spannend waren die Eindrücke aus dem Mentoring-Jahr, der Bericht der Mentorinnen, der Mentees und eines Seminarleiters. Der Höhepunkt der Veranstaltung war dann die festliche Überreichung der Zertifikate an die Teilnehmerinnen des Projektjahres 21/22 durch Frau LH-Stv.in Mag.a Christine Haberlander.

Anschließend wurden den Schülerinnen Workshops vor Ort angeboten und die Begleitpersonen erhielten eine Führung durch die Fachhochschule und den Softwarepark. Dabei gab Prof. Dr. Christoph Schaffer zahlreiche Einblicke in das Silicon Valley Oberösterreichs

Die Workshops in Hagenberg

Escape the Room „Fit for FH?!”

Der Escape Room „Fit for FH?!“ von Mag.a Dr.in Sandra Mühlböck begeisterte die Schülerinnen mit seinen vielfältigen und kniffligen Stationen. Die Aufgabe war es, in verschiedenen (elektro)technischen und mathematischen sowie in IT-Bereichen in Gruppen mehrere Rätsel zu lösen: so schnell wie möglich und natürlich richtig! Denn zum Schluss sollte ein einziger Code für das letzte Schloss herausgefunden werden, worin sich der Schatz für die fleißigen Rätselsucherinnen verbarg.

Nachdem Abstände gemessen, eine IT-Infrastruktur wieder zum Laufen gebracht und mathematische Berechnungen angestellt worden waren, konnte sich die Gruppe der „Fische“ nach nur 24 Minuten Rätselzeit eindeutig zur Gewinnerin erklären und den letzten Safe öffnen.

Design Thinking

Basierend auf Tech Trends konzipierten die Schülerinnen erste Ideen und Prototypen für eine nachhaltige digitale Zukunft. Begonnen bei der Problemstellung über das Kennenlernen der Zielgruppe bis hin zur Ideengenerierung und Entwicklung von Prototypen arbeiteten sie im Rahmen des Design Thinking-Ansatzes mit unterschiedlichen Methoden und beantworteten im Prozess diverse Fragestellungen, die bei der Entwicklung unterstützen:

  • Was ist das Problem? Was ist/wäre wichtig?
  • Wie kann man das Problem mit technischer Unterstützung lösen?
  • Welche Erwartungen, Bedürfnisse und Ziele haben die Kund*innen?

Nachfolgend die Ergebnisse der einzelnen Gruppen.

 

Prototyp eines Kühlschranks inkl. Scanner und App

Der Scanner dient dazu die Anwender*innen zu informieren, bevor Lebensmittel im Kühlschrank ablaufen. Die entsprechenden Informationen dazu können mittels App am Smartphone aufgerufen werden.

„Mülly“

Ist eine App zur Müllentsorgung. Mittels Fotoerkennung zeigt die App an, um welches Material es sich handelt. Somit kann Müll entsprechend entsorgt und recycled werden.

„PlasticScan“

Mittels QR-Codes auf Flaschen werden diese gescannt. In der App erfährt man anschließend, um welches Material es sich handelt und kann die Flaschen ordnungsgemäß entsorgen.

Mülltrennungsautomat

Der Automat unterstützt Anwender*innen bei der Trennung von Müll. Mit Hilfe eines Sensors werden Abfälle gescannt und entsprechend der Materialien im Container aufgeteilt. Somit kann die Trennung verbessert und das Recycling vereinfacht werden.

App zur Produkterkennung bei Lebensmittel inkl. Scanner

Durch das Scannen der Produkte erhalten die Anwender*innen verschiedene Informationen zur Nachhaltigkeit der Produkte (Special Feature z.B. vegan). Das soll dazu beitragen, dass Personen bewusster einkaufen.

Lebensmittel-Finder im Supermarkt

Die App hilft mittels Lageplan dabei, im Supermarkt den Weg zu den gewünschten Produkten zu finden. Zudem finden die Benutzer*innen Informationen zu den Produkten, der Verfügbarkeit und den Aktionen in der App. Dadurch sollen Einkäufe vereinfacht und Fahrten vermieden werden, falls es die benötigten Produkte nicht mehr gibt.

„Hofladen-Finder“

Die App zeigt auf einer Map die Hofläden in der Umgebung an. Zudem finden Benutzer*innen Informationen zu Produkten und der Verfügbarkeit im Laden in der App. Auch eine Reservierung der Produkte ist möglich. Durch die App sollen regionale Einkäufe gestärkt und Kleinbetriebe unterstützt werden.

Automat zur Portionierung von Lebensmitteln

Der Automat hilft dabei Lebensmittel (z.B. Gewürze) entsprechend der Rezepte zu portionieren. Zudem können Informationen zu Bedürfnissen der Personen angegeben werden (z.B. salzarm), welche bei der Portionierung berücksichtigt werden. Die Behälter können im Unverpacktladen nachgefüllt werden. Somit sollen Lebensmittelverschwendung und Müll vermieden werden.

„Schlaufuchs-App“

Schlaufuchs ist eine App um Zeit und Geld nachhaltig zu investieren. Sie hilft beispielsweise dabei, schwer verständliche Texte (z.B. juristische Passagen) zu „übersetzen“. Die App ist vor allem für junge Personen gedacht.

Recycling von Toilettenwasser

Zur Verringerung des Wasserverbrauches soll Toilettenwasser entsprechend gefiltert und wieder aufbereitet werden. Das verwendete Wasser wird in einem Tank gesammelt, entsprechend aufbereitet und als Toilettenwasser wiederverwendet, wodurch der Wasserverbrauch sinkt. Die Sensoren in der Recyclinganalage unterstützen dabei den Vorgang. Die Anlage kann von Privatpersonen und Firmen genutzt werden.

Kühlschrank-App mit vielen Features

Die App gibt beispielsweise an, wann welche Produkte ablaufen, und was nachgekauft werden muss. Dadurch können Lebensmittel rechtzeitig aufgebraucht und Lebensmittelabfälle verringert/vermieden werden.

„AquaPlanting“

Bewässerungssystem für Pflanzen inkl. App. Ein Sensor misst hierbei den Wasserstand der Pflanze, hat diese zu wenig Wasser, wird automatisch welches aus einem Behälter zugeführt. In der App können die Anwender*innen zudem Informationen rund um die Pflanze einsehen und diese auch anpassen.

Punktesystem für PET-Flaschen inkl. App

Um den Plastikmüll in Schulen zu vermeiden, soll ein Punktesystem zum Recyclen anregen. Die Flaschen werden bei Rückgabe gescannt und die Nutzer*innen erhalten dafür Punkte auf ihren Schüler*innenausweis. Die gesammelten Punkte können anschließend beim Schulbuffet wieder eingetauscht werden.

Die Abendveranstaltung

Nachdem am Nachmittag neben den Workshops in Hagenberg auch an drei weiteren Orten „Frauenimpulse“ stattgefunden hatten, versammelten sich alle Interessierten am Abend bei einer gemeinsamen Abschlussveranstaltung. Über 400 Frauen und Männer folgten am Abend des 3. Novembers der Einladung von Landeshauptmann-Stellvertreterin Mag.a Christine Haberlander und dem Frauenreferat des Landes OÖ zum Zukunftsforum 2022 „Frauen@IT – Liebe auf den zweiten Blick?“ im Oberbank Donau Forum in Linz.

Mit mehr als 400 engagierten Frauen und Männern aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ist das Zukunftsforum „Frauen gestalten Zukunft“ des Frauenreferates des Landes Oberösterreich die größte frauenpolitische Plattform in Oberösterreich.

„Wir wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern mit der Digitalisierung weiter forcieren. Dies betrifft viele Lebensbereiche, zum Beispiel die Erhöhung des Frauenanteils in Digitalberufen, das mobile Arbeiten als Chance für die Gleichstellung oder die Bekämpfung von Diskriminierung und Hasskriminalität im Netz. Junge Frauen wollen nicht nur die digitale Welt mitgestalten, sondern die Welt auch zu einem besseren Ort machen. Themen wie Nachhaltigkeit, Inklusion und Ethik spielen für sie eine zentrale Rolle. Digitalisierung muss als Chance begriffen werden, um unsere Gesellschaft gerechter und modernen zu gestalten“, so LH-Stv.in Mag.a Christine Haberlander.

Hochkarätige Mitdenkerinnen und Mitdenker

Auch heuer ist es wieder gelungen, hochkarätige Mitdenkerinnen und Mitdenker zu gewinnen, wie beispielsweise Prof.in Dr.in Martina Mara von der JKU und Mag.a Dr.in Martina Gaisch von der FH OÖ.

„Wir müssen aufpassen, dass sich veraltete Geschlechter-Klischees nicht über den Umweg neuer Technologien wieder in unseren Alltag zurückschleichen. Da gibt es einige aktuelle Beispiele: KI-basierte Sprachassistenzsysteme wie Alexa, die als digitale Sekretärinnen jederzeit auf Zuruf Wünsche erfüllen – und in der Standard-Einstellung fast allesamt Frauenstimmen und Frauennamen haben. Recruiting-Algorithmen, die Frauen in der Job-Auswahl systematisch benachteiligen. KI-Bild-Generatoren, die als typisches Bild für „CEO“ immer einen Mann ausspucken.

Unsere eigene Forschung am Robopsychology Lab zeigt, dass männliche Nutzer im Durchschnitt KI-Assistenzsysteme bevorzugen, die eine weibliche Stimme haben und gleichzeitig passiv und folgsam auftreten, während weibliche Nutzerinnen solchen stereotypen Designs großteils ablehnend gegenüberstehen. Der Markt scheint bisher eher den männlichen Präferenzen zu folgen. Sowohl auf Seite der Hersteller*innen wie auch auf Seite der Nutzer*innen wird man da in Zukunft mehr Bewusstsein herstellen müssen, denn eine Reproduktion von veralteten Geschlechterrollen (hier beispielsweise „die passive Frau“) durch Technik-Gadgets kann auch für das gesellschaftliche Bild realer Frauen problematisch sein“, so Prof.in Dr.in Martina Mara von der JKU Linz.

Grundsätzlich gibt es von Seiten der EU Richtlinien für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz (KI), die auch klar definieren, dass solche Systeme nicht diskriminierend arbeiten dürfen. Es ist also möglich, Zielvorgaben für KI anders zu programmieren oder Datensätze besser zu verwalten. Ebenso wichtig ist es, zusätzlich die Entwicklungsteams diverser zu gestalten. Wenn die Menschen, die Technologien für unseren Alltag entwerfen, möglichst unterschiedliche Hintergründe, Perspektiven und Bedürfnisse haben und diese einbringen, werden die entwickelten Systeme viel besser. Dass es hier noch viel zu tun gibt, zeigt die Tatsache, dass nur zwölf Prozent der Forschenden im Bereich Machine Learning weiblich sind.

Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Forderung „mehr Frauen in die Technik“ aktueller denn je ist, gerade auch, weil Technik eine immer größere Rolle in unser aller Leben spielt. Frauen interessieren sich häufig für Brückenbereiche der Technologie, etwa für KI und Klimaschutz – ein aufstrebender und relevanter Bereich. Genau hier ist es auch möglich, Frauen für Technik zu interessieren und von dem Bild wegzukommen, dass Informatik nur etwas für diejenigen ist, die sich schon mit 13 Jahren als „Nerds“ identifizieren.

„Bislang wurde Informatik von Männern für Männer gestaltet. Damit sich der zweite Blick für Frauen auch lohnt, braucht es neue Wege. IT ist ein unglaublich breites und spannendes Feld, das viel zu verkürzt diskutiert wird. Wenn es gelingt, Informatik mit Kommunikation, Kreativität und Nachhaltigkeit zu verknüpfen, werden auch mehr Frauen darauf aufmerksam. Jüngste Studien zeigen, dass Schülerinnen diesen Querbezug brauchen, um sich angesprochen zu fühlen. Mehr Vielfalt in die Informatik zu bringen, muss aber auch ein gesellschaftliches Ziel werden. Ganz nach dem Motto „let’s shape the future together“ gilt es aufzeigen, wie wesentlich es ist, alle Menschen gleichermaßen in die Entwicklung digitaler Produkte miteinzubeziehen. Ich bin zuversichtlich, dass dies mit einer authentischen Zielgruppenansprache, einer innovativen Didaktik, Projekten, die den Purpose-Gedanken in den Mittelpunkt stellen und dem Aufbrechen von Klischees auch gelingen wird“, betont Mag.a Dr.in Martina Gaisch von der FH OÖ.

Die Workshopleiterinnen Ing.in Mag.a Marianne Littringer, Mag.a Klaudia Burtscher von der Frauenstiftung Steyr, Susanne Steckerl, MEd MBA von der Gesellschaft für Frauen und Qualifikation MBH und Mag.a Brigitte Gruber von der Frauenfachakademie Mondsee diskutierten am Podium gemeinsam mit der Moderatorin Sabine Fürst über die wichtigsten Erkenntnisse aus den Frauenimpulsen. Dort kristallisierte sich heraus, dass es Vernetzung mit der IT zu aktuellen Themen wie Nachhaltigkeit, Klima, Kommunikation u.s.w. geben muss, um dieses Berufsfeld für Frauen noch attraktiver zu gestalten. Für IT–Berufe ist es nie zu spät, auch Frauen aller Altersgruppen sollten diese Möglichkeit bei Berufsumstiegen haben. Es braucht noch mehr Vorbilder und Mutmacherinnen in diesem Bereich sowie bestmögliche Rahmenbedingungen von Seiten der Unternehmen, um Beruf und Familie gut vereinbaren zu können.

Wie gewinnt man mehr Mädchen und Frauen für die IT und in MINT-Berufe?

Das Land OÖ und das Frauenreferat des Landes OÖ unterstützen verschiedene Aktionen, die dazu beitragen, dass in Zukunft mehr Mädchen in technischen, naturwissenschaftlichen und handwerklichen Berufen in Oberösterreich zu finden sind. Beispiele dafür sind das HTL Mentoring für Mädchen, der Girls Day, der auch bereits Einzug in den Kindergarten gehalten hat, und das Programm FIT-Frauen in die Technik.

Diese Initiativen sind echte Erfolgsprogramme, die dazu beitragen, dass mehr Mädchen in Oberösterreich in die Technik gehen. Dass das auch gelingt, beweisen die Zahlen. In fast allen technischen Berufen zeigt sich ein Anstieg bei weiblichen Lehrlingen.

Vor kurzem starteten zwei neue Initiativen der MINTality-Stiftung und der IV OÖ in Oberösterreich, die Mathe-Night und Robitopia, mit dem Ziel, mehr Jugendliche für technisch-naturwissenschaftliche Ausbildungen zu interessieren. Mit dem kommenden Sommersemester wird das neue digitale MINT-Lernspiel Robitopia an den oberösterreichischen Schulen gestartet. Das digitale Lernspiel richtet sich an Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klassen der Volksschule. Im Rahmen spannender sowie abwechslungsreicher Aufgaben sollen stereotype Rollenbilder abgebaut werden.

„Für die Begeisterung für MINT braucht es aber auch einige andere Schrauben, an denen gedreht werden muss. Beispielsweise braucht es Informationen und Best Practice-Lösungen für Unternehmen, wie sie verstärkt Mädchen und Frauen für IT Jobs gewinnen können. Auch Mütter und Väter, die oft auf die Berufsentscheidung ihrer Kinder einwirken, sollen noch stärker in die Bewusstseinsbildungskampagnen miteinbezogen werden. Weiters müssen wir verstärkt, so wie wir es mit dem Girls Day Mini bereits tun, bereits bei den Jüngsten im Kindergarten ansetzen und es braucht Maßnahmen, um die Talente und das Selbstbewusstsein von Mädchen und Frauen verstärkt zu fördern“, so Haberlander abschließend.